Das Elefantenrennen
Tatort: Autobahn A7, Ulm in Richtung Würzburg, zwischen Anschlussstelle Bad Windsheim und Uffenheim-Langensteinach

Symbolbild, Quelle: Photocase, Danke an cruisi
Es ist ein Rennen: Ein tschechischer Transporter für Lebendvieh wird nun schon mehrere Stunden von einem in Gelb- und Grüntönen gehaltenen 40-Tonner über deutsche Autobahnen gejagt.
Auf einer kurzen, aber dafür unheimlich flachen Gefällstrecke zieht der verfolgende Fahrer aus dem Windschatten und lenkt sein überschweres Renngerät auf die Überholspur. Wie zur Entschuldigung betätigt er einmal kurz den Blinker, als auch die letzte der sechs Achsen die Mittellinie überquert hat.
Wenige Meter dahinter betätige ich panisch das Bremspedal meines kleinen, importierten Autos. Einen knappen Meter bevor meine Stoßstange mit dem Bild-Anti-Maut-Aufkleber des LKWs in Kontakt geraten könnte sinkt der Zeiger meines Tachos unter die magische Marke von einhundert Stundenkilometern. Der Abstand zum bedrohlich aufragenden Heck des Sattelschleppers wächst wieder auf ein annehmbares Maß.
Etwas verspätet wird Adrenalin in meine Adern gepumpt, mein Herzschlag beschleunigt sich, die Fahrgastzelle meines Kleinwagens ist plötzlich ungemütlich warm. Ich regle die Heizung herunter, der Luftstrom kühlt meinen Körper ab.
Immerhin hat der Schwung des überholenden Lasters ausgereicht, ihn bis auf Höhe des gegnerischen Führerhauses zu tragen. Doch irgendetwas scheint sich dort vorne abzuspielen, denn beide Gefährte(n) ziehen ihre Bahn nun parallel. Keiner weicht auch nur einen Millimeter zurück.
Ich bin ja für Völkerverständigung, aber muss sie sich unbedingt auf einer Asphaltbahn entwickeln, die mit 25 Metern pro Sekunde unter den Gesprächspartnern dahinrauscht – vor allem wenn diese in zwei unterschiedlichen Fahrzeugen sitzen?
Zwei Kilometer geht es jetzt schon so und langsam beginne ich mich ernsthaft zu fragen, ob zwischen den Fahrern der beiden Gütertransportvehikel tatsächlich Konversation stattfindet:
Was tun Lastkraftfahrer, wenn sie wie in diesem Fall minutenlang nebeneinander her fahren? Winken sie sich freundlich zu wie Motorradpiloten, die sich auf einer abgelegenen Landstraße begegnen? Ignorieren sie sich, den Blick immer starr auf die Fahrbahn gerichtet und verstohlen auf den Tachometer schielend?
Auch ein kleiner Anstieg ändert nichts an der verfahrenen Situation. Hinter mir hat sich bereits eine bemerkenswerte Anzahl Schaulustiger eingefunden. Vorzugsweise in Wägen der Marken Mercedes, Audi und BMW sitzen Anzugträger mit mühsam beherrschten Gesichtszügen und starren auf eine gelb-grün gestreifte Heckklappe als ob sie auch nur in irgendeiner Weise Einfluss auf das Geschehen vor ihnen hätten. Ältere Kleinwägen beherbergen enttäuschte Gesichter. Sie trauern der nur noch in Form von abkühlenden Bremsscheiben vorhandenen kinetischen Energie hinterher, die einem nur mühsam kontrollierten Bremsmanöver zum Opfer fiel und fragen sich, wie sie ihre alte Rostlaube jemals wieder auf 140 Stundenkilometer beschleunigen sollen.
Aber was ist das? Der linke Bolide scheint das Duell für sich entscheiden zu können. Zentimeterweise schiebt er sich an seinem Kontrahenten vorbei. Ich kann schon fast die Anhängerkupplung des Schweinelasters sehen. Nicht mehr lange, dann herrscht wieder freie Fahrt!
Das Schicksal jedoch ist unerbittlich. Die Autobahn neigt sich an diesem Punkt einer langgezogenen Rechtskurve zu, welche mit grausamer Gleichgültigkeit jeglichen Geschwindigkeitsvorteil des Sattelschleppers auffrisst. Hätte die Straße ein Gesicht würde sie mich jetzt sicher hämisch angrinsen: Der Status Quo ist wieder hergestellt.
Ob ich jemals ankommen werde, ob Bissspuren im Lenkrad mein Auto optisch aufwerten und ob ich nach einem viertelstündigen Feinstaubbombardement jemals wieder in der Lage sein werde, etwas anderes als Diesel am Geruch zu erkennen – das ist eine andere Geschichte, und soll ein andermal erzählt werden.

Symbolbild, Quelle: Photocase, Danke an cruisi
Es ist ein Rennen: Ein tschechischer Transporter für Lebendvieh wird nun schon mehrere Stunden von einem in Gelb- und Grüntönen gehaltenen 40-Tonner über deutsche Autobahnen gejagt.
Auf einer kurzen, aber dafür unheimlich flachen Gefällstrecke zieht der verfolgende Fahrer aus dem Windschatten und lenkt sein überschweres Renngerät auf die Überholspur. Wie zur Entschuldigung betätigt er einmal kurz den Blinker, als auch die letzte der sechs Achsen die Mittellinie überquert hat.
Wenige Meter dahinter betätige ich panisch das Bremspedal meines kleinen, importierten Autos. Einen knappen Meter bevor meine Stoßstange mit dem Bild-Anti-Maut-Aufkleber des LKWs in Kontakt geraten könnte sinkt der Zeiger meines Tachos unter die magische Marke von einhundert Stundenkilometern. Der Abstand zum bedrohlich aufragenden Heck des Sattelschleppers wächst wieder auf ein annehmbares Maß.
Etwas verspätet wird Adrenalin in meine Adern gepumpt, mein Herzschlag beschleunigt sich, die Fahrgastzelle meines Kleinwagens ist plötzlich ungemütlich warm. Ich regle die Heizung herunter, der Luftstrom kühlt meinen Körper ab.
Immerhin hat der Schwung des überholenden Lasters ausgereicht, ihn bis auf Höhe des gegnerischen Führerhauses zu tragen. Doch irgendetwas scheint sich dort vorne abzuspielen, denn beide Gefährte(n) ziehen ihre Bahn nun parallel. Keiner weicht auch nur einen Millimeter zurück.
Ich bin ja für Völkerverständigung, aber muss sie sich unbedingt auf einer Asphaltbahn entwickeln, die mit 25 Metern pro Sekunde unter den Gesprächspartnern dahinrauscht – vor allem wenn diese in zwei unterschiedlichen Fahrzeugen sitzen?
Zwei Kilometer geht es jetzt schon so und langsam beginne ich mich ernsthaft zu fragen, ob zwischen den Fahrern der beiden Gütertransportvehikel tatsächlich Konversation stattfindet:
Was tun Lastkraftfahrer, wenn sie wie in diesem Fall minutenlang nebeneinander her fahren? Winken sie sich freundlich zu wie Motorradpiloten, die sich auf einer abgelegenen Landstraße begegnen? Ignorieren sie sich, den Blick immer starr auf die Fahrbahn gerichtet und verstohlen auf den Tachometer schielend?
Auch ein kleiner Anstieg ändert nichts an der verfahrenen Situation. Hinter mir hat sich bereits eine bemerkenswerte Anzahl Schaulustiger eingefunden. Vorzugsweise in Wägen der Marken Mercedes, Audi und BMW sitzen Anzugträger mit mühsam beherrschten Gesichtszügen und starren auf eine gelb-grün gestreifte Heckklappe als ob sie auch nur in irgendeiner Weise Einfluss auf das Geschehen vor ihnen hätten. Ältere Kleinwägen beherbergen enttäuschte Gesichter. Sie trauern der nur noch in Form von abkühlenden Bremsscheiben vorhandenen kinetischen Energie hinterher, die einem nur mühsam kontrollierten Bremsmanöver zum Opfer fiel und fragen sich, wie sie ihre alte Rostlaube jemals wieder auf 140 Stundenkilometer beschleunigen sollen.
Aber was ist das? Der linke Bolide scheint das Duell für sich entscheiden zu können. Zentimeterweise schiebt er sich an seinem Kontrahenten vorbei. Ich kann schon fast die Anhängerkupplung des Schweinelasters sehen. Nicht mehr lange, dann herrscht wieder freie Fahrt!
Das Schicksal jedoch ist unerbittlich. Die Autobahn neigt sich an diesem Punkt einer langgezogenen Rechtskurve zu, welche mit grausamer Gleichgültigkeit jeglichen Geschwindigkeitsvorteil des Sattelschleppers auffrisst. Hätte die Straße ein Gesicht würde sie mich jetzt sicher hämisch angrinsen: Der Status Quo ist wieder hergestellt.
Ob ich jemals ankommen werde, ob Bissspuren im Lenkrad mein Auto optisch aufwerten und ob ich nach einem viertelstündigen Feinstaubbombardement jemals wieder in der Lage sein werde, etwas anderes als Diesel am Geruch zu erkennen – das ist eine andere Geschichte, und soll ein andermal erzählt werden.
F-punkt-M - 10. Mai, 18:48
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