Echtzeit

Dienstag, 25. Oktober 2005

Die Cicero Affäre

Wer ist der Souverän? Das Grundgesetz ist eindeutig: das Volk. Und wer informiert das Volk? Das Grundgesetz ist eindeutig: die Presse – ohne jegliche Zensur des Staates. Ohne die Presse ist das Volk den Majestäten ausgeliefert, die selber entscheiden dürften, was die Bürger erfahren sollen. An Kritik, und sei sie auch noch so hämisch, geht die Demokratie nicht zugrunde. Doch wer die Kritiker mundtot macht, zerbröselt die Demokratie und macht das Volk zu einem dummen Volk.

„Am 12. September 2005, gegen 8 Uhr 12 deutscher Zeit, meldet sich ein Unbekannter auf der Mailbox von Bruno Schirra. Er nennt seinen Namen und bittet den Journalisten, er möge ihn doch umgehend zurückrufen. Man sei gerade auf seinem Grundstück in Berlin und beabsichtige, sein Haus zu durchsuchen.”

So abenteuerlich begann die Razzia bei dem Journalisten Bruno Schirra auf der Insel Valentinswerder bei Berlin - und gleichzeitig in der Redaktion der Zeitschrift „Cicero” in Postdam. Die Folgen sind bekannt: Wegen des Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat durchsuchten Ermittler des Landeskriminalamts die Anwesen, kopierten eine Computerfestplatte und beschlagnahmten kistenweise Material.

Nur was sie suchten, fanden sie nicht: Hinweise auf die Quelle, aus welcher der Reporter seine Informationen für einen hochbrisanten Artikel vom April dieses Jahres schöpfte, der von dem international gesuchten islamistischen Terroristen Abu Mussab al Zarqawi handelte. Drastischer gesagt: den „Verräter“ in den eigenen Reihen zu enttarnen. Brisant an dem Stück war, daß es darauf hindeutete, daß Al Zarqawis Gruppe an der Vorbereitung eines Angriffs mit Chemiewaffen arbeite. Mögliches Ziel: Europa. In Zeiten, in denen die Europäer mit diplomatischen Mitteln versuchen, den Iran von seinem Atomprogramm abzubringen, ist das natürlich eine sehr, sehr unangenehme Nachricht.

Offenkundige Einschüchterungsaktion

Bei der Razzia ging es angeblich darum, einen Informanten aus dem BKA namhaft zu machen. Das gelang nicht. Bei Cicero konnte sich die Obrigkeit was trauen: Ermittler der Staatsanwaltschaft stellten knapp acht Stunden lang die Räume des Cicero-Mitarbeiters Bruno Schirra auf den Kopf und nahmen 15 Kisten voller Unterlagen mit. Es war eine offenkundige Einschüchterungsaktion, denn das beschlagnahmte Material über die Leuna-Affäre und andere Recherchefrüchte aus rund zehn Jahren Arbeit hatten ersichtlich nichts mit dem Anlass der Ermittlungen zu tun.

Der Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jürgen Koppelin, erklärte am Mittwoch, die Durchsuchung der Redaktion von Cicero berühre grundlegende Fragen der Pressefreiheit. „Und Pressefreiheit wird nicht durch Innenminister Otto Schily gewährt, sondern ist ein Grundrecht unserer Verfassung.“

L’état c’est moi

Kritik an der Regierung wird zur Majestätsbeleidigung erhoben und das Recht der Presse, Missstände aufzudecken und die Wahrheit zu schreiben, als Verbrechen deklariert. Dieser öffentliche Abschied von der Pressefreiheit, den Verlegern und Chefredakteuren höchstpersönlich überbracht, ist der Höhepunkt von Schikanen der letzten Jahre. Einer Statistik des Deutschen Journalisten-Verbandes zufolge soll es allein in den Jahren 1997 bis 2000 hundertfünfzig Durchsuchungen der Presse gegeben habe. „Cicero” ist also nur der jüngste von vielen Fällen.

Innenminister Otto Schily hatte vorigen Donnerstag vor dem Bundestag in einer von der FDP anberaumten Sondersitzung zu der Kritik Stellung nehmen müssen. Dabei wies er die Schuld von sich. Er habe keineswegs die Durchsuchung persönlich angeordnet; vielmehr habe er, wie beim Verdacht auf Geheimnisverrat vorgeschrieben, die Ermächtigung zu Ermittlungen erteilt - ein "formaler Akt", bei dem nicht abzusehen gewesen sei, ob und zu was für einer Art Durchsuchung und Beschlagnahme es kommen würde.

„Geheimnisverrat“, so Schily, „ist nicht irgendeine Ordnungswidrigkeit. So kann man mit dem Staat nicht umspringen.“ Und mit ihm, dem Verantwortlichen für das BKA, erst recht nicht. In solchen Sätzen erscheinen Schily und Staat wie Synonyme: L’état c’est moi. In solchen Sätzen geht es nur um das Prinzip, nicht um Verhältnismäßigkeit oder politische Klugheit. Heribert Prantl, Innenpolitikchef der Süddeutschen Zeitung, wies Schily auf die Sprengkraft der Aktion hin: Zwei Minister mussten 1962 gehen, als Vergleichbares beim Spiegel geschah: „Nur dass diesmal das Opfer nicht Rudolf Augstein heißt.“

Doch der Minister sah geradezu die Machtfrage berührt: „Wir lassen uns nicht das Recht des Staates nehmen, seine Gesetze durchzusetzen.“ Mit geduldigen Erklärungen, drohte Schily, sei es nun nicht mehr getan: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir die Diskretion im Staat da, wo sie notwendig ist, auch durchsetzen.“ Wegen „Beihilfe zum Geheimnisverrat“ seien alle Journalisten zu verfolgen, die sich geheime Papiere wie „eine Trophäe“ ansteckten und damit die Arbeit des Staates behinderten: „Stichwort Cicero“. Das Stichwort saß. Die Durchsuchung beim Potsdamer Monatsblatt vor gut zwei Wochen ist das bislang heftigste von Schily statuierte Exempel seiner neuen Auslegung von Pressefreiheit.

Leck in den eigenen Reihen

Dennoch: Das Magazin „Cicero” sieht nicht ein, warum es - Souverän hin oder her - nicht möglich sein soll, über die Aktivitäten von Terroristen zu berichten, die einen „chemischen Megaanschlag” mit mindestens 80.000 Toten in Jordanien geplant haben sollen, ebenso in Großbritannien, andere Länder nicht ausgeschlossen. Die Angaben darüber, sagt der Reporter Schirra in „Cicero”, fußten auch nicht allein auf der ominösen BKA-Akte, hinter der Schilys Ermittler her waren, offenbar um ein Leck in den eigenen Reihen aufzudecken. Dem Journalisten ging es darum, die Wege des Terroristen nachzuzeichnen, der in der internationalen Geheimdienstgemeinde als der „zur Zeit tatsächlich gefährlichste Mann der Welt” gelte.

In der Branche ist bekannt, dass Schily seit Jahren mit Lecks in seinem Haus zu kämpfen hat. Längst wird in Berlin die Frage gestellt, warum gerade unter seiner, für ihren durchaus eigenwilligen Stil bekannten Führung Illoyalitäten von Beamten geschehen. Schily behauptet, Journalisten würden gar „Ermittlungsergebnisse“ gefährden. Nun ist dies gerade im Falle Cicero nicht der Fall. Hier wusste die betroffene Behörde sechs Wochen vor Drucklegung, dass der betroffene Journalist die brisanten Papiere besaß – er hatte sich selbst gemeldet und um ein Gespräch gebeten. Jedoch traf sich die Amtsleitung erst Tage nach dem Artikel mit ihm, friedlich plaudernd über Stunden. Und es dauerte wieder zweieinhalb Monate, bis man die angebliche Strafbarkeit erkannte und Anzeige erstattete.

Selbstverständlich sind Redaktionen kein rechtsfreier Raum, weshalb Ermittlungsbehörden Straftaten dort ebenso verfolgen dürfen wie anderswo. Allerdings wird die Pressefreiheit – nach Erfahrungen mit totalitären Staaten – als ein so hohes Rechtsgut geachtet, dass das Grundgesetz sie besonders schützt. Pressefreiheit basiert dabei auf der grundsätzlichen Möglichkeit, Missstände gerade dann zu beschreiben, wenn andere sie lieber verschweigen. Da dies ohne geheim gehaltene Informationen in der Regel unmöglich ist, schmälert potenziell jede Durchsuchung von Redaktionsräumen die Chance, Missstände aufzudecken. Denn die Furcht vor Enttarnung, die mit persönlichen Nachteilen für den Informanten verbunden ist, wird wohl viele zum Schweigen bringen.

Montag, 3. Oktober 2005

Du bist der Postbote!

Gerade eben habe ich zum ersten Mal den TV-Werbespot der "Du bist Deutschland" Kampagne gesehen – uns muss es echt ganz schön dreckig gehen...

Nachdem die Seite du-bist-deutschland.de kurz nach Erscheinen des Spots offensichtlich geslashdoted (oder eben ge-TV-Werbespoted) war, ließ sie sich einige Minuten später wieder problemlos laden (soviel zum Thema Nutzungstiefe...) und ich konnte ein paar Infos sammeln.

Du bist Ludwig Erhard
Anzeige der "Du bist Deutschland" Kampagne, Quelle: du-bist-deutschland.de

Die Kampagne an sich ist wirklich schön gemacht: Die Webseite ist in angenehmem Blau gehalten, welches sich auch auf der Bundesversammlung einer großen Partei gut machen würde (ist zwar komplett Flash und zickt beim Laden ständig rum, aber man kann halt nicht alles haben...). Anerkannte Sympathieträger aus Gesellschaft, Medien und Sport und auch der "kleine Mann von der Straße" (die political correctness lasse ich hier mit Verweis auf die klassische Redewendung mal außer acht) erzählen uns 'was von Gemeinschaft, Zusammenhalt, unser Land nach Vorne bringen und der glorreichen Vergangenheit. Das Manifest ist echte Gänsehaut-Lektüre (wirkt im Fernsehen natürlich noch besser) und dem Forrest-Gump-Feder-Klavier-Solo könnte ich ohnehin stundenlang zuhören.

Aber hier kommt auch gleich der erste Kritikpunkt: Ich hatte echt das Gefühl, dass die Talsohle durchschritten ist. Ich war der Ansicht, es geht langsam, aber stetig wieder aufwärts. Und dann erscheint diese Kampagne, drückt auf die Tränendrüse und sagt uns: "Unsere Zeit schmeckt nicht nach Zuckerwatte. Das will auch niemand behaupten." Schon mal 'was von selbsterfüllenden Prophezeiungen gehört?

Außerdem ist mir die ganze Sache viel zu schmalzig. Große Reden zu schwingen hat noch niemandem geholfen und wenn man auf den Tisch haut, beeindruckt das meistens nur den Tisch... Welches Ziel wird denn mit dieser Kampagne verfolgt? Die Frau auf dem Rennrad, mit den Zwillingen und dem Haus (auf der Tunnelseite rechts unten) hat sich bestimmt keinen Job gesucht, nur um Deutschland nach vorne zu bringen...

Auch andere haben sich schon Gedanken zu dieser Kampagne gemacht und ihre Werke in einem eigenen Flickr-Pool veröffentlicht. Wer selbst kreativ werden möchte (5,- € ins Phrasenschwein), kann sich bei Spreeblick passende Photoshop-Templates herunterladen.

Freitag, 23. September 2005

You Can Get it If You Really Want: Jamaica in Deutschland

Berlin. No Angie! No Cry, singt Gerd, während er versucht ihre verfilzten Rastas durchzukämmen. Mit Rum, Cannabis und Reggaemusik halten die Koalitionsverhandlungen im Bundestag jetzt schon seit über einer Woche an.

Nachdem die Jamaica-Koalition die Vorzüge der karibischen Inseln erkannt hat und seitdem die Freuden des Easy Living auskostet scheint selbst Gerhardt Schröder der mit seiner Doris spontan der Party beiwohnte, von der Idee eines Berlinston-Town begeistert.

„Hey Joshi, Get up stand up“, ruft Guido Schwesterwelle dem amtierenden Außenminister zu, der in seiner Hängematte, die er zwischen den Rednerpulten gespannt hat und seit Stunden vor sich hin plappert: „I shot the sheriff, but I did not shoot his deputy.“

Die Raumtemperatur ist mittlerweile auf tropische 30 Grad gestiegen. Guido und Gastgeber Wowi tanzen ununterbrochen in ihren Baströckchen zur Reggaemusik, mit der DJ und MC Edmund schon seit Stunden den Politpromis einheizt. I can see Clearly Now, schreit DJ Edi freudig ins Mikro, als er seine Brille zwischen den Platten wieder gefunden hat. „Sag` ich doch: You Can Get everything If You Really Want“, ruft Joshi aus seiner Hängematte.

Jimmy Cliff Kirchhoff flirtet mit der grünen Claudia mit den roten Haaren, die irgendwie schon ganz gelb im Gesicht zu sein scheint und versucht sie von seinem neuen Steuersparmodell „Buffalo Soldier“ zu überzeugen. Die grüne Claudia mit den roten Haaren und dem gelben Gesicht hört ihm aber gar nicht zu und ärgert sich warum der Hansi Rasta-Eichel-Man schon den ganzen Abend die Bongos für sich beansprucht.

Der hessische Ministerpräsident Koch singt schmachtend in Richtung Angie: Could you be loved, tell me, could you be loved? Doch die ignoriert ihn und nimmt stattdessen ein kräftigen Zug aus der überdimensionalen Wasserpfeife in der Mitte des Raums.

Die Koalitionsverhandlungen scheinen ihren Sidepunkt noch längst nicht erreicht zu haben und obwohl weißer Rauch aus den Fenstern nach Draußen zieht, scheint eine Entscheidung noch in weiter Ferne.

Samstag, 17. September 2005

Eine Republik im Zeichen der Wahl

Nachdem ich nun eine Woche durchs Land gereist bin (und mich die übergroßen Gesichter der Direktkandidaten von fünf verschiedenen Parteien in über einem Dutzend verschiedenen Wahlkreisen angegrinst haben) stellt sich mir die Frage: Was bleibt?

Wahlplakate an einer großen Kreuzung
Manche Kreuzungen quellen vor Wahlwerbung über; Quelle: F-punkt-M

An was erinnere ich mich noch aus den letzten Tagen des Wahlkampfes?
Ich erinnere mich an einen Gerhard Schröder, der zum Abschluss des Fernsehduells die wichtigsten Punkte seines Wahlprogramms souverän und gelassen vorträgt. Ich erinnere mich an die ungenügend abgeschminkten tiefen Augenringe von Angela Merkel von vor drei Tagen und dass der CSU Ortsverband in meinem Heimatdorf clevererweise leuchtend rote Sonnenschirme um den eigenen Wahlkampfstand aufgestellt hat.

Alles andere - all die Fernsehauftritte, die Interviews, die vielen Plakate, die Radiosendungen - all das ist zu einer klebrigen Masse in meinem Unterbewusstsein zusammengebacken. Übersättigt von zuviel Input hat mein Bewusstsein irgendwann abgeblockt - information overflow.

Viele Leute sind offensichtlich unentschlossen, wen sie wählen sollen. Bei mir selbst läuft diese Entscheidung eher nach dem Ausschlussverfahren, folgt also der Frage: Wen will ich nicht wählen?

Selten waren mir Fakten bei einer Entscheidung so unwichtig wie bei dieser. Und vielen anderen geht es scheinbar ebenso.
Wahlkampfgegner, die kaum mehr zu sagen haben als das Programm ihrer Kontrahenten schlecht zu machen, Durchhalteparolen bei schlechten Umfrageergebnissen und vielzitierte Aussagen von Wahlforschern, dass sich "in den letzten Tagen noch alles ändern kann".

Und wenn sich an der Zusammensetzung der Regierung etwas ändert: Wer weiß schon, welche Auswirkungen auf unsere Gesellschaft noch in den Reformen der rot-grünen Regierung fußen und was vom neuen Parlament geschafft wurde?

Was bleibt also? Die alte Anarchistenweisheit: Wenn Wahlen etwas verändern würden, wären sie schon längst verboten. ;o)

Freitag, 16. September 2005

Selbstmordattentäter go home!

Vielleicht sollte sich G.W.Bush mal mit dem Bürgermeister von Biberach unterhalten...

Anschläge verboten

Dienstag, 13. September 2005

Yahoo zieht in den Krieg

Yahoo hat sich einen eigenen Kriegsberichterstatter zugelegt. Kevin Sites, TV-Journalist und ehemaliger Korrespondent der US-Sender NBC und CNN, wird auf einer eigenen Website namens "Kevin Sites in the Hotzone" ab 26. September exklusiv für Yahoo von Krisenschauplätzen rund um den Globus berichten.

Dabei wird Sites alle Formate nutzen, die das Internet bietet um so eine authentische Form der Online-Berichterstattung zu schaffen. Sites ist vor allem durch ein Video auf NBC bekannt, das zeigt wie US-Soldaten in Falluja offenbar unbewaffnete Iraker erschießen.
Der Korrespondent soll auf der Hotzone-Website tägliche Berichte von verschiedenen Krisenschauplätzen liefern. Auch Online-Chats mit Usern und Postings werden möglich sein. Sites wird innerhalb eines Jahres die 36 Länder aufsuchen, die die internationale Organisation: Londoner International Institute for Strategic Studies (IISS) "bewaffnete Konflikte" momentan als Kriegsgebiet oder Konfliktzone definieren. Pro Tag sollen ein 600 bis 800 Worte umfassender Bericht und fünf bis zehn Digitalbilder gepostet und durch eine traditionelle Videoreportage pro Woche ergänzt werden.

Wie schon als Kriegsberichterstatter für NBC und CNN reist Kevin Sites alleine. Nur bei Bedarf will er Übersetzer oder Sicherheitspersonal anheuern. Seine Ausrüstung besteht aus einem Rollkoffer mit leichter und mit Insektenschutzmittel behandelter Kleidung, einem Schlafsack sowie einen Spezialrucksack mit einer Canon-Digitalkamera. Zur Text- und Bildbearbeitung soll ein Apple Powerbook zum Einsatz kommen, für die ortsunabhängige Datenübermittlung mehrere Satellitentelefone. Ein Solarpanel sorgt für die nötige Energie.

Donnerstag, 25. August 2005

"Die Wahl zwischen Pest und Cholera"...

... hatten nach eigenen Worten die Richter des Bundesverfassungsgerichtes bei ihrer heutigen Entscheidung. Das Problem war, die Klagen von zwei Bundestagesabgeordneten gegen die vorgezogenen Bundestagswahlen entweder abzuweisen und damit das Grundgesetz zumindest etwas zu beugen oder entgegen der Stimmung des Volkes zu entscheiden und der angelaufenen Wahlkampfmaschinerie einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen (siehe SpOn).

Indem das oberste Gericht Deutschlands heute den Weg für die Bundestagswahlen endgültig frei gemacht hat, haben sie den schwarzen Peter weitergereicht.
Nun hat das Volk - haben wir - am 18. September 2005 die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Im deutschen Sprachschatz finden sich noch viele weitere Redewendungen, die sich auf die bevorstehende Wahl anwenden lassen. So könnte man beispielsweise sagen, wir kommen vom Regen in die Traufe oder versuchen, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben.

Und weil mir das gerade so viel Spaß macht, blase ich zur Jagd auf das Phrasenschwein und lobe eine köstliche 100g-Tafel Alpia-Schokolade nach Wahl für die Person aus, die mir die treffendste sprachliche Analogie zur bevorstehenden Bundestagswahl liefert ;o)

Dienstag, 23. August 2005

Und täglich grüßt das Murmeltier

kanzler Geschichte wiederholt sich angeblich nicht. In Deutschland tut sie es doch.

In einem Monat ist Bundestagswahl und die SPD liegt in den Umfragewerten hinten – NOCH. Als die CDU vor einigen Wochen in Befragungen von einem Höhepunkt zum anderen flog witzelte man in Berlin: Jetzt kann Schröder nur noch ein Hochwasser retten oder Bush greift den Iran an…

Als ich heute Morgen die Zeitung aufschlug und von einer möglichen Hochwasserkatastrophe in Bayern las, hatte ich ein Déjà-vu.

Vor drei Jahren hat Bundeskanzler Gerhard Schröder im überfluteten Sachsen den Trend gedreht. Die Union führte in allen Umfragen, dann machte der Osten plötzlich den Unterschied. Diesmal jedoch scheinen die neuen Bundesländer, trotz mehrerer Fauxpas des bayerischen Ministerpräsidenten für die Sozialdemokraten endgültig verlorenes Gebiet zu sein. Macht dieses Mal vielleicht das überflutete Stoiberland den Unterschied?

Schon 2002 begründete sich der Wahlsieg Gerhard Schröders in der Fähigkeit, neue Themen zu nutzen, die die Arbeitslosigkeit in den Hintergrund gedrängt haben. 2002 haben deshalb nicht politische Grundströmungen, sondern zwei zufällig in die finale Wahlkampfphase gerückte Themen (Hochwasser, Irak) die Schlacht entschieden.

Am vergangenen Wochenende sind zehntausend Menschen auf den Opernplatz in Hannover gekommen, um den Kanzler zu hören. Sie erlebten einen Regierungschef, der in der Iran-Politik einen guten Rat für US-Präsident George Bush parat hatte: "Nehmt die militärischen Optionen vom Tisch. Wir haben erlebt, dass sie nichts taugen."

Vor genau drei Jahren ist Schröder auf demselben Platz gestanden und hat fast das Gleiche gesagt: "Wir sind zu Solidarität bereit. Aber dieses Land wird unter meiner Führung nicht für Abenteuer zur Verfügung stehen." Es ist nahezu grotesk, aber seine Ausführungen unterscheiden sich nur in einem Buchstaben: 2002 warnte er vor einem Krieg gegen den Irak. Jetzt ist es eben die Krise im Iran, die genau in Schröders „Täglich-grüßt-das-Murmeltier-Konzept“ passt.

Warum sollte nicht wieder klappen, was vor drei Jahren schon einmal funktioniert hat?

Samstag, 20. August 2005

Enttäuschung ist...

früh morgens um vier aufzustehen, sein Zelt zusammenzupacken, durch die Höllentalklamm zu steigen und sich am ersten Unterkunftshaus eingestehen zu müssen, dass das Wetter keinen Aufstieg auf die – und schon gar keine Aussicht von der – Zugspitze zulässt.

Packen, kurz nach vier
Packen, kurz nach vier - Quelle: F-punkt-M

Größere Enttäuschung ist...
wenn sich diese Erfahrung in ähnlicher Form sieben Tage später und 180 km weiter in den Hohen Tauern wiederholt.

„Wann wird’s mal wieder richtig Sommer...“ *sing*

Mittwoch, 8. Juni 2005

Unterschicht oder unterbelichtet?

Sind die Zeiten des Unterschichtenfernsehens schon wieder vorbei? Noch vor wenigen Wochen war dieses Wort in aller Munde. Alles verachtenswerte und vorgeblich intellektuell minderwertige wurde plötzlich mit der Vorsilbe Unterschichten- versehen. Der Begriff der „Unterschichtenblogs“ ritt ebenfalls auf dem Hype mit. Als ob das, was vor wenigen Wochen noch von allen gelesen wurde, nun nicht mehr gut genug sei.

Dabei lehrte uns doch die Welt (ich höre schon die ersten Rufe: „Unterschichtenartikel!“) vor kurzem, dass der Begriff Unterschichtenfernsehen jeglicher Grundlage entbehrt und als „vulgärsoziologisch“ gebrandmarkt werden sollte. Ein populistischer Begriff, dazu erkoren diejenigen aus der grauen Masse herauszuheben, die ihn verwenden. Doch was passiert stets zu solchen Zeiten? Jeder will herausragen.
Und wenn alle etwas Besonderes sind, ist niemand etwas Besonderes.

Aber vielen Medien geht es wie alten Pfannen: In Zeiten des Teflons sind sie urplötzlich unterbeschichtet.

Doch ob Unterschicht oder nur unterbelichtet, die Grenzen sind hier sicher fließend. Und was wird passieren? Nichts. Der Begriff wird wieder verschwinden – wie J.B.O. Irgendwo in einem finsteren Keller werden zu sehr von sich überzeugte Studenten noch in 20 Jahren den Begriff des Unterschichtenirgendwas selbstbeweihräuchernd aus einer alten Andenkenskiste ausgraben. Und Bild wird es immer noch geben.

Aber keine Angst: Nur noch 198 mal schlafen, dann kommt das Christkind. Und wenn Ihr ganz brav seid, dann bringt es Euch vielleicht ein neues Wort mit das Euch hilft, Euer kleines Weblog besser zu machen als jedes andere x-beliebige Medium. ;o)

Trau Dich!

Du stehst draußen,

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