Star Trek hält Einzug an der Universität Freiburg
Neuer Lehrstuhl für biomedizinische Mikrosysteme an der Fakultät für angewandte Wissenschaften gegründet
In der Phantasie so mancher Buchautoren gibt es sie schon lange: Kybernetische Mischwesen, halb Mensch, halb Maschine. Ob die Borg in Star Trek oder der 6-Millionen-Dollar-Mann, eine Serie der achtziger Jahre - schon oft wurden diese Science Fiction Themen auf Leinwand und Bildschirm gebannt.
In näherer Zukunft könnten diese Visionen ein Stück weit Realität werden. „Es wird Implantate geben, die Blinden wieder zum Sehen verhelfen und Prothesen, die sich fast ebenso bewegen und fühlen, wie der fehlende oder kranke Körperteil. Das ist nur eine Frage der Zeit“, so Prof. Stieglitz vom Lehrstuhl für biomedizinische Mikrosysteme am Institut für Mikrosystemtechnik. Die Entwicklung solcher Prothesen steht nicht mehr am Anfang. „Die ersten klinischen Tests mit akuten Sehprothesen, den so genannten Retina Implantaten, sind bereits in Deutschland gelaufen“, so der 39 jährige Professor weiter. „Tests mit ersten dauerhaften Sehprothesen sollen bereits in einem Jahr folgen. Der Weg zum kommerziellen Produkt ist dann nicht mehr weit“.
„Dennoch ist vorsichtiger Optimismus geboten“ bemerkt Stieglitz. Längst nicht jeder Blinde könne mit dem Implantat wieder zu neuem Augenlicht gelangen. Die Sehprothesen werden in erster Linie Patienten implantiert, die unter der erblichen Krankheit Retinis Pigmentosa leiden. Auch sei man noch meilenweit von der Sehqualität des natürlichen Auges entfernt. „Die Patienten werden am Anfang nur hell und dunkel unterscheiden können und vielleicht die Umrisse einer Tür erkennen.“, so Stieglitz. „Dies hört sich nach wenig an. Aber für einen ehemals Blinden kann es ein neues Leben bedeuten“. Auch sind dies nur die ersten Implantate dieser neuen Art. „Durch den stetigen Forschritt im der Mikro- und Nanotechnologie wird auch die Sehprothese ständig verbessert werden können und immer detailreicheres Sehen mit dem Implantat erlauben“, so Stieglitz.
Die Forschung und Entwicklung am Lehrstuhl für biomedizinische Mikrosysteme konzentriert sich künftig auf die Schnittstelle zwischen Nervenzellen und technischem System, insbesondere mit der Signalverarbeitung des Implantats. Die „Nervenstecker“ können einerseits Reize des zentralen Nervensystems in elektrische Impulse umwandeln. Andererseits ist damit auch eine Stimulation von Nervenenden, die so genannte Elektrostimulation, möglich.
Quelle: Universität Freiburg
Mit Hilfe der Elektrostimulation ist schon heute in einigen Fällen eine klinische Therapie möglich, wo eine medikamentöse Behandlung nicht mehr wirkt. Beispiele hierfür sind die Bekämpfung chronischer Schmerzen durch gezielte Nervenstimulation des Rückenmarks - dieses Forschungsgebiet heißt Neuromonitoring. Die so genannte Gate-control-theory wird bereits seit den 70er Jahren in weltweit über 130.000 Fällen eingesetzt. Ein relativ neues Anwendungsgebiet seit Mitte der 90er Jahre ist die Behandlung der Parkinsonschen Krankheit durch die Anregung bestimmter Bereiche des Mittelhirns mit Hilfe der Implantation von Elektroden ins Gehirn. „Es ist damit möglich das chronische Zittern der Parkinsonpatienten zu therapieren.“, so Stieglitz. Auch hier liegt die Zahl der behandelten Patienten schon über 20.000 weltweit.
Ein weiterer Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt des Lehrstuhls ist die Neuroprothetik. Dabei geht es, wie in dem Beispiel Retina Implantat, um kleinste technische Systeme, die ausgefallene Funktionen des zentralen Nervensystems teilweise wiederherstellen. Die Anwendungsgebiete reichen von der Ankopplung künstlicher Arm- und Handprothesen bis hin zum Cochlea-Implantat, das bereits viele Patienten wieder hören lässt.
Ausschlaggebend für die Ansiedlung des Lehrstuhls an der Universität Freiburg war die in Deutschland einzigartige Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Medizin, Biologie und Mikrosystemtechnik. Der Lehrstuhl kooperiert künftig mit Professor Ad Aertsen aus der Fakultät für Biologie der Universität Freiburg und den Privatdozenten Dr. Schulze-Bonhage und Dr. Rosahl vom Neurozentrum der Uniklinik Freiburg.
Zukunftsmusik bleiben auch weiterhin die Vorstellungen Hollywoods, die Fähigkeiten des menschlichen Körpers nicht nur zu ersetzen, sondern gar zu verbessern. „Der menschliche Organismus ist und bleibt das Maß der Dinge. Einen gleichwertigen Ersatz kann im Moment noch kein Implantat leisten.“ so Stieglitz.
- Ein Beitrag von Stefan Zirn -
In der Phantasie so mancher Buchautoren gibt es sie schon lange: Kybernetische Mischwesen, halb Mensch, halb Maschine. Ob die Borg in Star Trek oder der 6-Millionen-Dollar-Mann, eine Serie der achtziger Jahre - schon oft wurden diese Science Fiction Themen auf Leinwand und Bildschirm gebannt.
In näherer Zukunft könnten diese Visionen ein Stück weit Realität werden. „Es wird Implantate geben, die Blinden wieder zum Sehen verhelfen und Prothesen, die sich fast ebenso bewegen und fühlen, wie der fehlende oder kranke Körperteil. Das ist nur eine Frage der Zeit“, so Prof. Stieglitz vom Lehrstuhl für biomedizinische Mikrosysteme am Institut für Mikrosystemtechnik. Die Entwicklung solcher Prothesen steht nicht mehr am Anfang. „Die ersten klinischen Tests mit akuten Sehprothesen, den so genannten Retina Implantaten, sind bereits in Deutschland gelaufen“, so der 39 jährige Professor weiter. „Tests mit ersten dauerhaften Sehprothesen sollen bereits in einem Jahr folgen. Der Weg zum kommerziellen Produkt ist dann nicht mehr weit“.
„Dennoch ist vorsichtiger Optimismus geboten“ bemerkt Stieglitz. Längst nicht jeder Blinde könne mit dem Implantat wieder zu neuem Augenlicht gelangen. Die Sehprothesen werden in erster Linie Patienten implantiert, die unter der erblichen Krankheit Retinis Pigmentosa leiden. Auch sei man noch meilenweit von der Sehqualität des natürlichen Auges entfernt. „Die Patienten werden am Anfang nur hell und dunkel unterscheiden können und vielleicht die Umrisse einer Tür erkennen.“, so Stieglitz. „Dies hört sich nach wenig an. Aber für einen ehemals Blinden kann es ein neues Leben bedeuten“. Auch sind dies nur die ersten Implantate dieser neuen Art. „Durch den stetigen Forschritt im der Mikro- und Nanotechnologie wird auch die Sehprothese ständig verbessert werden können und immer detailreicheres Sehen mit dem Implantat erlauben“, so Stieglitz.
Die Forschung und Entwicklung am Lehrstuhl für biomedizinische Mikrosysteme konzentriert sich künftig auf die Schnittstelle zwischen Nervenzellen und technischem System, insbesondere mit der Signalverarbeitung des Implantats. Die „Nervenstecker“ können einerseits Reize des zentralen Nervensystems in elektrische Impulse umwandeln. Andererseits ist damit auch eine Stimulation von Nervenenden, die so genannte Elektrostimulation, möglich.
Quelle: Universität Freiburg
Mit Hilfe der Elektrostimulation ist schon heute in einigen Fällen eine klinische Therapie möglich, wo eine medikamentöse Behandlung nicht mehr wirkt. Beispiele hierfür sind die Bekämpfung chronischer Schmerzen durch gezielte Nervenstimulation des Rückenmarks - dieses Forschungsgebiet heißt Neuromonitoring. Die so genannte Gate-control-theory wird bereits seit den 70er Jahren in weltweit über 130.000 Fällen eingesetzt. Ein relativ neues Anwendungsgebiet seit Mitte der 90er Jahre ist die Behandlung der Parkinsonschen Krankheit durch die Anregung bestimmter Bereiche des Mittelhirns mit Hilfe der Implantation von Elektroden ins Gehirn. „Es ist damit möglich das chronische Zittern der Parkinsonpatienten zu therapieren.“, so Stieglitz. Auch hier liegt die Zahl der behandelten Patienten schon über 20.000 weltweit.
Ein weiterer Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt des Lehrstuhls ist die Neuroprothetik. Dabei geht es, wie in dem Beispiel Retina Implantat, um kleinste technische Systeme, die ausgefallene Funktionen des zentralen Nervensystems teilweise wiederherstellen. Die Anwendungsgebiete reichen von der Ankopplung künstlicher Arm- und Handprothesen bis hin zum Cochlea-Implantat, das bereits viele Patienten wieder hören lässt.
Ausschlaggebend für die Ansiedlung des Lehrstuhls an der Universität Freiburg war die in Deutschland einzigartige Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Medizin, Biologie und Mikrosystemtechnik. Der Lehrstuhl kooperiert künftig mit Professor Ad Aertsen aus der Fakultät für Biologie der Universität Freiburg und den Privatdozenten Dr. Schulze-Bonhage und Dr. Rosahl vom Neurozentrum der Uniklinik Freiburg.
Zukunftsmusik bleiben auch weiterhin die Vorstellungen Hollywoods, die Fähigkeiten des menschlichen Körpers nicht nur zu ersetzen, sondern gar zu verbessern. „Der menschliche Organismus ist und bleibt das Maß der Dinge. Einen gleichwertigen Ersatz kann im Moment noch kein Implantat leisten.“ so Stieglitz.
- Ein Beitrag von Stefan Zirn -
science-today - 14. Apr, 09:54
2 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Postbote - 14. Apr, 10:43
Wenn Blinde hören und Taube sehen
Sehr interessanter und schön geschriebener Artikel. Dass blinde Menschen bald schon sehen können sollen, habe ich kürzlich in einem anderen Zusammenhang - aber leider bisher nur am Rande - mitbekommen.
In Kooperation mit Sony Entertainment soll es einer Forschungsgruppe angeblich gelungen sein, durch Ultraschallwellen gezielt bestimmte Hirnarreale zu stimulieren. Die Folge seien die Assoziationen und Empfindungen, die momentan noch durch die Informationen unserer Sinnesorgane hervorgerufen werden. Das würde bedeuten, dass wir bald nicht nur fernsehen, sondern auch fernriechen, fernfühlen, fernschmecken usw. und gleichzeitig Blinde Bilder assoziieren können, obwohl ihnen für die visuelle Sinneswahrnehmung nicht alle physiologischen Voraussetzungen zur Verfügug stehen. Sollte so etwas wahr werden, ist es klar, dass die Unterhaltungsindustrie aber auch die Medizin und Psychologie ein großes Interesse daran zeigen werden: eine Errungenschaft quer durch alle Diszplinen und Anwendungsbereiche. Man kann sich wunderbar ausmalen, was damit alles möglich werden würde.
Leider habe ich bisher noch nicht mehr Informationen dazu, aber das wird sich hoffentlich bald ändern. Hast Du schon einmal davon gehört?
In Kooperation mit Sony Entertainment soll es einer Forschungsgruppe angeblich gelungen sein, durch Ultraschallwellen gezielt bestimmte Hirnarreale zu stimulieren. Die Folge seien die Assoziationen und Empfindungen, die momentan noch durch die Informationen unserer Sinnesorgane hervorgerufen werden. Das würde bedeuten, dass wir bald nicht nur fernsehen, sondern auch fernriechen, fernfühlen, fernschmecken usw. und gleichzeitig Blinde Bilder assoziieren können, obwohl ihnen für die visuelle Sinneswahrnehmung nicht alle physiologischen Voraussetzungen zur Verfügug stehen. Sollte so etwas wahr werden, ist es klar, dass die Unterhaltungsindustrie aber auch die Medizin und Psychologie ein großes Interesse daran zeigen werden: eine Errungenschaft quer durch alle Diszplinen und Anwendungsbereiche. Man kann sich wunderbar ausmalen, was damit alles möglich werden würde.
Leider habe ich bisher noch nicht mehr Informationen dazu, aber das wird sich hoffentlich bald ändern. Hast Du schon einmal davon gehört?
science-today - 16. Apr, 13:42
Mit allen Sinnen Fernsehen
Das ist ja interessant, was Sony Entertainment da plant. Leider kann ich nicht viel mehr dazu sagen.
Muss mich zuerst mal bei den entsprechenden Leuten informieren.
Muss mich zuerst mal bei den entsprechenden Leuten informieren.
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