Der Germanist im Busfahrerpelz
Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, über dieses Erlebnis zu schreiben, aber ein Freund überzeugte mich doch vom Gegenteil.
Als ich letzte Woche nach einer Geburtstagsfeier - auf die ich mit meiner Stimmung nicht richtig passte - angetrunken mit einem Bier in der Hand in den letzten Bus nach Hause steigen wollte, meinte der Busfahrer: "Mit dem Bier nehme ich Dich nicht mit!" Ich überflog kurz den Inhalt des Busses und merkte bald, dass ich der einzige Gast sein würde. Deshalb begann ich ihn mit Argumenten wie, "hör mal, ich komme von einer Geburtstagfeier und würde gerne noch mein Bier austrinken.." oder "ich passe auch auf, dass ich nichts verschütte.." vom Gegenteil zu überzeugen. Zu meinem Erstaunen willigte er mit den Worten: "Wenn Du was verschüttest, putzt DU den Bus." ein.
Ich schwang mich in das Fahrzeug und suchte mir aus Gewohnheit einen Platz im hinteren Drittel des Busses. Als wir einige Meter gefahren waren, rief mir der Fahrer von vorne für mich unverständliche Worte zu. Kurzerhand erhob ich mich und fand mich bald an seiner Seite sitzend vorne auf dem ersten Platz. Er steckte sich eine Zigarette an und ich forderte verwundert, dass ich dann ja auch eine rauchen könne. Auch in diesem Punkt nickte er zustimmend. So saßen wir bald rauchend - ich Bier trinkend - nebeneinander. Bald entfachte ein Gespräch über Gott, das Leben, die Philosphie des Seins, unsere unterschiedliche Nationalität und die Ziele, Hoffnung und Pläne, die ein junger Mensch im heutigen Deutschland haben kann. Anfangs vielleicht noch mit einem Körnchen Arroganz auf seine Position als Busfahrer blickend, drehte sich mein Standpunkt während unseres Gespräches um 180 Grad: Er studierte Germanistik, vor zwölf Jahren. Dann brauchte er einen Job, Geld. Er sagte: "Man müsse flexibel sein, immer das Leben, wie es kommt!" Deshalb wurde er vor zwölf Jahren zum Angestellten der regionalen Beförderungsfirma. Ob er denn keine neuen Ziele habe oder von einem anderen Leben träume? "So jung bin ich nicht mehr, es ist alles nicht so einfach. Es macht mich glücklich, wenn ich meine Ruhe habe!" Er sprach diese Worte mit einem bitteren Beigeschmack von Resignation und Unzufriedenheit, bestritt dies aber beim Nachfragen. "Ich solle mein Leben noch genießen, solange ich jung bin."
Es war ein netter Kerl. Er fragte mich sogar, wo ich denn hin müsse und ob er mich mit dem Bus noch ein Stückchen mit in die Richtung meiner Wohnung nehmen solle.
Als ich mit einem winkenden Gruß den Arbeitsplatz meines temporären Gesprächspartners verließ, stieg in mir ein seltsames Gemisch aus Melancholie, Mitgefühl, aber vor allem Angst vor der Zukunft und der Möglichkeit, das mir das Gleiche passieren könnte, herauf. Später lag ich im Bett und dachte immer noch über den Menschen nach, dessen Namen ich nicht einmal kannte. Ich nahm mir vor, dass mir nie so etwas passieren sollte. auch wenn ich flexibel auf das Leben reagiere, will ich nie damit aufhören, das Leben flexibel an mich anzupassen.
Als ich letzte Woche nach einer Geburtstagsfeier - auf die ich mit meiner Stimmung nicht richtig passte - angetrunken mit einem Bier in der Hand in den letzten Bus nach Hause steigen wollte, meinte der Busfahrer: "Mit dem Bier nehme ich Dich nicht mit!" Ich überflog kurz den Inhalt des Busses und merkte bald, dass ich der einzige Gast sein würde. Deshalb begann ich ihn mit Argumenten wie, "hör mal, ich komme von einer Geburtstagfeier und würde gerne noch mein Bier austrinken.." oder "ich passe auch auf, dass ich nichts verschütte.." vom Gegenteil zu überzeugen. Zu meinem Erstaunen willigte er mit den Worten: "Wenn Du was verschüttest, putzt DU den Bus." ein.
Ich schwang mich in das Fahrzeug und suchte mir aus Gewohnheit einen Platz im hinteren Drittel des Busses. Als wir einige Meter gefahren waren, rief mir der Fahrer von vorne für mich unverständliche Worte zu. Kurzerhand erhob ich mich und fand mich bald an seiner Seite sitzend vorne auf dem ersten Platz. Er steckte sich eine Zigarette an und ich forderte verwundert, dass ich dann ja auch eine rauchen könne. Auch in diesem Punkt nickte er zustimmend. So saßen wir bald rauchend - ich Bier trinkend - nebeneinander. Bald entfachte ein Gespräch über Gott, das Leben, die Philosphie des Seins, unsere unterschiedliche Nationalität und die Ziele, Hoffnung und Pläne, die ein junger Mensch im heutigen Deutschland haben kann. Anfangs vielleicht noch mit einem Körnchen Arroganz auf seine Position als Busfahrer blickend, drehte sich mein Standpunkt während unseres Gespräches um 180 Grad: Er studierte Germanistik, vor zwölf Jahren. Dann brauchte er einen Job, Geld. Er sagte: "Man müsse flexibel sein, immer das Leben, wie es kommt!" Deshalb wurde er vor zwölf Jahren zum Angestellten der regionalen Beförderungsfirma. Ob er denn keine neuen Ziele habe oder von einem anderen Leben träume? "So jung bin ich nicht mehr, es ist alles nicht so einfach. Es macht mich glücklich, wenn ich meine Ruhe habe!" Er sprach diese Worte mit einem bitteren Beigeschmack von Resignation und Unzufriedenheit, bestritt dies aber beim Nachfragen. "Ich solle mein Leben noch genießen, solange ich jung bin."
Es war ein netter Kerl. Er fragte mich sogar, wo ich denn hin müsse und ob er mich mit dem Bus noch ein Stückchen mit in die Richtung meiner Wohnung nehmen solle.
Als ich mit einem winkenden Gruß den Arbeitsplatz meines temporären Gesprächspartners verließ, stieg in mir ein seltsames Gemisch aus Melancholie, Mitgefühl, aber vor allem Angst vor der Zukunft und der Möglichkeit, das mir das Gleiche passieren könnte, herauf. Später lag ich im Bett und dachte immer noch über den Menschen nach, dessen Namen ich nicht einmal kannte. Ich nahm mir vor, dass mir nie so etwas passieren sollte. auch wenn ich flexibel auf das Leben reagiere, will ich nie damit aufhören, das Leben flexibel an mich anzupassen.
Postbote - 27. Mär, 18:23
5 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Yooee - 27. Mär, 18:48
Schöne Geschichte, und schön geschrieben. Hast Du deshalb soviel Angst vor möglichen Parallelen mit Deiner Zukunft, weil Dir selbst gerade der Germanistenpelz wächst?
Postbote - 27. Mär, 20:13
In der Tat fast richtig
Man könnte sagen: ich studiere Germanistik mit beruflicher Perspektive;-) Im Journalismus lässt sich einfach noch ein wenig besser den Lebensunterhalt beschreiten ;-) freut mich, dass Dir der Text gefiel.
Ich denke aber, um sich über das Schicksal des Busfahrers Gedanken zu machen, muss man nicht unbedingt Germanistik studieren;-)
Ich denke aber, um sich über das Schicksal des Busfahrers Gedanken zu machen, muss man nicht unbedingt Germanistik studieren;-)
F-punkt-M - 28. Mär, 00:51
Journalismus = Germanistik mit beruflicher Perspektive
^^ sehr witzig.
Das müssen wir mal dem Vincon erzählen *lol*
Aber die Story ist echt gut geschrieben. Prima, dass dich der Jan dazu "überredet" hat.
Das müssen wir mal dem Vincon erzählen *lol*
Aber die Story ist echt gut geschrieben. Prima, dass dich der Jan dazu "überredet" hat.
Turin - 28. Mär, 17:53
Aha, die Stimmung passte net? Welche denn? *g
Postbote - 28. Mär, 18:35
Vielleicht Trägheit?
Ich war nicht gewillt zu so später Stunde noch meinen Kopf anzustrengen, um wild gestikulierend Begriffe wie "Sauertopf" unter Ausschluss einer bestimmten Wortwahl anderen meiner Mannschaft zu erklären. Eine gemütliche Runde zum Unterhalten hätte mich durchaus befriedigt. Nichts für Ungut, aber man kann nicht immer gleicher Stimmung sein.
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