Freitag, 10. März 2006

Frauen an die Macht

Ist auch Motto in Chile: Diesen Samstag ist die offizielle Amtseinführung der neuen Präsidentin Michelle Bachelete. Sie löst damit Ricardo Lagos ab. Bachelete ist in Chile die erste Frau, die auf das höchste Staatsamt gewählt wurde. Am Samstag sollen auch Condoleezza Rice und Prinz Felipe von Spanien zu den Gästen zählen. Bereits im Vorfeld sorgte die Teilnahme der Amerikanerin Rice für Aufruhr: Im Zentrum Santiagos zündeten Unbekannte eine amerikanische Flagge an.


La Moneda: Hier steigt am Samstag die Staatschefs-Sause

Interessanterweise war die Forderung, eine Frau an die Spitze zu wählen, in Chile schon älter als in Deutschland. Die Parteien der "Concertación" (Regierungskoalition), bestehend aus DC, PS, PPD und PRSD erkannten die Wichtigkeit der Stimmen der Wählerinnen. Allerdings erst nachdem ihnen der Präsidentschaftskandidat der UDI ("Oposición"), Joaquin Lavin, vorgemacht hatte, wie er mit "fuerte" fast 60 Prozent seiner erlangten Stimmen den Frauen zuschreiben konnte.

Unsere Frau Merkel war somit zwar früher im Amt, in Chile dauerte die ganze Sache jedoch an. Da es sich die Regierungspartei DC anfangs noch vorbehielt, eine eigene Kandidatin aufzustellen, musste die Entscheidung über eine gemeinsame Kandidatin erst in der "Concertación" gefällt werden. Soledad Alvear bestand jedoch nicht gegen Bachelete und zog ihre Kandidatur zurück. Bachelete gewann im Endeffekt die Wahlen. Mit Versprechungen, es würden nach ihrer Wahl in sämtlichen Staats- und Regierungsämtern zu gleichen Teilen Männer und Frauen beschäftigt, zog sie manche Unentschlossene auf ihre Seite. "Bis heute hat sie das auch durchgezogen", sagt Heinz Gröpper, dessen Unternehmen auf der Präsidialebene auch von diesen Veränderungen betroffen ist.

"Sie ist ein unbeschriebenes Blatt", sagt der 26-jährige Jan, Student in Santiago. Ihre Kampagne sei völlig nichtssagend gewesen: "Sie sagte nicht, was sie machen will, sondern nur, dass sie alles analysieren wird." Über ihre Rolle im Regierungsgefüge ist man sich nicht einig. Sie hat zwar, im Gegensatz zu Deutschland, mehr Macht in ihrem Amt, "vielleicht ist sie aber auch eine Marionette, vielleicht aber auch stark - wir wissen es nicht", so Jan.

Nach einem starken Präsidenten Ricardo Lagos, der seine Stärke vielleicht auch ein bisschen der vor einigen Jahren überwundenen Rezession verdankt, nach der es eigentlich nur besser werden konnte, ist nun erstmals eine Frau an der Macht. Und das in einem "chauvinistischen Land", sagt Jan.

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