Mittwoch, 2. Februar 2005

Der grüne Adam

Ob von der Zeit, der FAZ oder seinen Fans. Adam Green wird derzeit in der Musikszene hoch gefeiert. Alle Hoffnungen auf eine neue Ära der Musik scheinen sich in ihm zu vereinen. Manch einer spricht sogar vom neuen Bob Dylan. Doch gerade darin liegt einer der Widersprüche. Sollte der verschlafen wirkende Träumer doch so revolutionär sein, wäre ein Vergleich mit einem seiner Idole wohl eher beschämend.

Doch eine stille Revolution passt im Grunde gut zu dem noch jungen Adam Green, da er in seinen Texten unverblümt politische und gesellschaftliche Themen kommentiert. Deshalb wird er vermutlich von vielen seiner Zuhörer auf der politisch linken Seite angesiedelt. Doch in einem der wahrscheinlich besten Interviews der letzten Jahre von der FAZ merkt der Leser bald, dass es ihm nicht etwa darum geht, eine politische Funktion zu erfüllen. Er scheint vielmehr seinen Gedanken durch Musik Raum zu geben, die Luft heraus zu lassen und die Welt durch seine persönliche Subjektivität zu beleuchten. Was das bei seinen Zuhörern auslöst, scheint dabei fast zweitrangig.

Seine zu den Texten komponierten Klänge lassen im ersten Augenblick nichts neues heraushören. Ein Teil der neuen Platte "Gemstones" könnte aus einer Country-Platte stammen, ein anderer wiederum von irischen Folkbands wie beispielsweise den Pogues abgeschaut sein. Immer wieder ertappt man sich bei der Überlegung: "Diesen Song kenne ich doch schon.." Doch verblüffend ist, dass sich seine Stimme unglaublich schnell in die Hirnrinde einbrennt und den Hörer schon bald nicht mehr loslässt. Sein musikalisches Feingespür schafft die Voraussetzungen für eine neue Lieblingsplatte. Zwar nicht als Bob Dylan, aber villeicht tatsächlich als Pionier einer neuen musikalischen Generation.

Das Motiv (Was bleibt?)

„Sind wir nicht alle auf der Suche?“, fragte er und nahm einen kräftigen Schluck aus dem bauchigen Glas, „Sicher, einige gaben irgendwann auf oder haben es nie gelernt, dass man alles erreichen kann, wenn man nur fest genug daran glaubt.“
Er fixierte sein Gegenüber mit gerunzelter Stirn und fragte sich, ob dieser wirklich verstand, was er damit sagen wollte, oder ob er ihn nur für einen dieser Klugscheißer hielt, die all die Sprüche nachfaselten, womit sie vermeintlich in pseudo-intellektuellen Kreisen jemanden beeindrucken konnten.

Sein Gegenüber schwieg und blickte ins Leere. „Ich glaube wir hatten schon recht viel Wein heute Abend“, stieß er dann jedoch hervor. Dem anderen gerade lange genug Zeit gegeben, die Augen verdrehen, eine abfällige Handbewegung machen und den Barkeeper um die Rechnung bitten zu können fügte er noch hinzu, „das gefällt mir, und sagt man nicht im Wein liege die Wahrheit?“ Grinsend bestellte er eine neue Flasche des 98-er Merlot und genoss sichtlich seinen kleinen Triumph.

Dann wurde er wieder ernst. „Ständig ist man mit intelligenten Sätzen, philosophischen Weisheiten und höchst wertvollen Ratschlägen konfrontiert, man muss nur den Deckel einer Muskote- Blättchen- Packung aufschlagen, Coelho lesen, im Schreibwarenladen Postkartenständer durchforsten oder was weiß ich.“
„Ok, er hält mich für einen dieser Klugscheißer“, dachte der andere enttäuscht und befürchtete, dass das Gespräch nun in eine Richtung verlief, die er nicht beabsichtigt hatte.
Er seufzte.
„Und im Grunde macht sich kaum einer bewusst, was es zu bedeuten hat“, fuhr der andere unbeeindruckt fort, „obwohl es gar nicht so schwierig ist“.
„Wie meinen Sie das?“
„Eine Suche wird immer von einer Frage begleitet, oder nicht? Und ist es nicht immer die Frage, was bleibt?“
Dumpf klang der letzte Satz noch einmal im Innern des irritierten Zuhörers nach. Die Frage ist was bleibt.
Der andere ließ nicht locker. „Solange wir suchen, fragen wir, und solange wir fragen, suchen wir. Und am Ende steht immer die Frage. Was suche ich, oder noch besser, was habe ich gefunden?“
„Jedenfalls kann man nur etwas finden, wenn man danach sucht, und schon auf der Suche kann man spüren, ob man erfolgreich sein wird.“
„Eine Suche kann immer nur erfolgreich sein, denn findet man, was man nicht finden wollte, so hat man vielleicht gerade dann das Richtige gefunden.“
Beide hielten einen Moment inne.
„Also ist der Weg das Ziel?“
„Nicht ganz. Oder nicht nur. Hat man kein klares Ziel vor Augen, so weiß man auch nicht, wo man mit der Suche beginnen soll.“
„Aber Ziele verändern sich.“
„Das ist auch gut so, und deshalb wird die Suche auch nie beendet sein, und was bleibt ist die Frage.“

Im Designerpark - Leben in künstlichen Welten

Der Name für die mittlerweile bis Mitte Februar verlängerte Ausstellung auf der Mathildenhöhe in Darmstadt hält, was er verspricht.

designerpark

Der Besucher wird durch die künstlichen Welten des Alltags hindurchnavigiert und stößt dabei immer wieder auf Erinnerungen aus seinem bisherigen Leben. Zwischen Generationen von Telefonen, Schreibtischlampen, Besteckkästen Küchengeräten uvm. Das Schöne hierbei ist, dass der Zugang nicht etwa einer fachspezifischen und abgehobenen Minderheit vorbehalten bleibt - jeder entdeckt in der Ausstellung ein Stück von sich selbst, sei es das Rührgerät, das immer noch bei den Eltern auf dem Schrank verstaubt, sei es die Schreibtischlampe, die nach Jahren vom Dachboden geholt ihre Funktion wieder auf dem Schreibtisch erfüllt.

Die Sammlung führt durch das letzte Jahrhundert der Gestaltungsgeschichte und kommt dabei natürlich nicht an Klassikern wie dem Thonet-Stuhl vorbei. Auf einem kleinen Spaziergang kann man sich auf einzelnen Produkte einlassen, ohne dabei viel erklärenden Text lesen zu müssen. Ein Ausflug in die Welt, die wir als Menschen künstlich kreiiert haben und in der wir tagtäglich leben, ohne uns die Veränderungen im Laufe der Jahre wirklich bewußt zu machen.

ja_regal

Gegen Ende des Designerparks stößt der Betrachter mit einem allseits bekannten Anblick in die Jetztzeit vor. Ein ganzes Supermarktregal voller ja-Produkte - wer kennt das nicht? Aber wer dachte jemals, dass sich dieses Bild in einer Ausstellung bieten würde? Die Kunst im Alltag suchen und finden. Das ist es vermutlich, was die Besucherströme immer noch nicht abreißen lässt.

Eine empfehlenswerter Ausflug, um für ein bis zwei Stunden mit offenen Augen durch unsere eigene Welt zu gehen und in den kleinen Dingen Schönheit zu entdecken.

Freitag, 28. Januar 2005

Wer zu spät kommt...

...den bestraft in diesem Fall nicht das Leben, sondern die Fans. Sie tragen vornehmlich weite blau-rote Trikots über dicken Winterjacken, stehen auf eigens mitgebrachten Styropor-Würfeln und schreien sich mit Ausdrücken wie "Heeeeeey....du blinde Sau!!" für vier Viertel die Seele aus dem Hals. Diese Beschreibung könnte nun auf die Hooligans so mancher Sportart zutreffen, nirgends habe ich jedoch zuvor eine so aggressive und anscheinend intolerante Grundstimmung erlebt wie in dem engen Eishockeystadion der Mannheimer Adler am vergangenen Freitag. "Everywhere it is the same crowd", meinte unsere amerikanische Begleiterin, womit sie vielleicht nicht Unrecht hatte - meine Verwunderung konnte sie jedoch nicht schmälern.

Tief versunken in das Spielgeschehen schienen jegliche Verhaltensregeln über Bord geworfen, nur noch Freund oder Feind wurden gekannt, und kennt ein Mannheimer Raubvogel jemanden im Zweifelsfall nicht, gilt er als potentieller Feind oder Beute. Diese schmerzliche Erfahrung mit der privaten Gefolgschaft der Adler wurde uns vor allem deshalb zu Teil, weil wir uns erlaubten zu dem Match gegen die gefürchteten Kölner Haie zu spät zu kommen und uns dann auch noch eine annehmbare Sichtposition zu suchen: "Ich glaub ich spinn´!! Erst zu spät kommen und dann auch noch vordrängeln! Verschwinde hier!" Stimmt, hinter einem Kleiderschrank in Fleisch und Blut auf einer halben Meter hohen Kiste stehend kann das Spiel durchaus intensiv verfolgt werden. Vielen Dank für den Hinweis.

Man muss fairerweise dazu erwähnen, dass die Puk-Jäger aus Deutschlands Karneval-Metropole 2004 den Mannheimern den Meistertitel klauten, der zuvor für viele Jahre die Vereinsvitrine der Adler schmückte. Da kann einem als Lokalpatriot der Gaul schon einmal durchgehen.

Doch Gott sei Dank fanden sich in den Reihen der Fans nicht nur Haudegen mit finsteren Blicken. Ein anderer, der unsere Auseinandersetzung wohl mitbekommen haben muss, führte uns mehrere Stufen abwärts zu seinem Horst, tief in die brodelnde Masse der Adler. Dank unseres fremden Freundes ging diese Schlacht an uns und wir wurden nach kurzzeitg abschätzenden Beäugungen in den Kreis seiner Fanfamilie aufgenommen.

Von unserem neuen Platz konnten wir das erste Mal die gesamte Eisfläche und die angrenzenden Menschenscharen überblicken. Dicht zusammengepfercht wie Tiere starrte jeder gebannt auf das Spielfeld. Erstaunlich war doch die Mischung der Altersklassen im Publikum. Wir mittendrin. Zuerst leicht ratlos zögernd, dann wild mitgestikulierend und bald riss uns die Action der Spieler mit wie ein Orkan.

adler
Quelle: Postbote

Es schien gut zu laufen für die Adler, der Spielstand 3:1 am Ende des dritten Viertels wurde bereits um uns herum mit nun etwas entspannteren Mienen gefeiert. Dann im letzten Viertel der unerwartete Auftakt der Haie, 3:2! Ich erfahre von meinem Nebenmann, dass die Mannheimer die ganze letzte Woche "ständig "Powerplay" trainierten und jetzt nichts davon zu sehen sei..verdammt!" Außer Zustimmung fiel mir dazu nichts mehr ein. Dann ein Hochschuss vor dem Tor der Adler, der Ersatz-Torhüter patzt: Spielstand 3:3. Das kleine Stadion hielt plötzlich den Atem an. Die letzten Minuten waren so spannend, dass es so manchen Stammgast scheinbar auf seinem kleinen Stehklotz nahezu zerriss.

Während die Mannheimer Spieler um den Puk und einen weiteren Punkt kämpften, schlugen die Schlachtenbummler nervös ihre Trommeln und stießen fast schon verzweifelt ihre lyrischen Kompositionen hervor: "Ihr seid nur ein Karnevalsverein, Karnevalsverein, ...". Unglaublich aber die Motivation zeigte ihre Wirkung: Erlösung in den letzten Spielzügen. Ein Tor, das besser nicht gefeiert werden könnte, und hätte ich nicht mit dem Rest des Stadions meine Hände nach oben gerissen und mich mit den Umherstehenden umarmt, stünde an dieser Stelle gewiss ein Photo dieses Happenings.

Der Abpfiff steigerte die Zufriedenheit der Fans ins Unermessliche. Zuvor feindlich Gesinnte klopften sich auf die Schulter, böse Blicke wandelten sich in verzeihendes Lächeln. Die Schlacht war fürs Erste vorbei und die Kämper zogen mit ihrer Beute ab. Abschied von unserer Familie. Ob wir jetzt öfters kämen?
Man weiss es nie, wann es einen das nächste Mal packt seine Integrationsfähigkeiten auf die Probe zu stellen. Eine Sozialstudie vom feinsten, keine Frage.

Donnerstag, 20. Januar 2005

Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Es ist, als stehe man mit seinem Board auf dem Rücken vor einer leuchtend weissen Schneedecke, über der noch der eisige Frost der Nacht liegt, als tauche man einen kalten Amalganlöffel in die oberste Schicht eines frischen doch verstaubten Marmeladeglasses, das vielleicht Großmutter mit Liebe verschlossen und vorher für Monate im dunklen Keller verstaute, als blättere zum ersten Mal im neuen Buch seines Lieblingsautors, als drücke man zum ersten Mal den Ablöser der neuen gerade aus der Verpackung enthüllten Kamera, als sitze man mit einem triefenden Pinsel vor einer unbefleckten Leinwand, als öffne man behutsam den Umschlag eines von Hand geschriebenen Briefes eines guten alten Freundes, als nehme man mit zitternden Fingern die schützende Maske von einem noch fremden Gesicht. Begierig, den ersten Blick zu wagen und zögernd zugleich, unsicher über das, was dahinter verborgen liegen mag.

Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, dem man in dieser Form nie wieder begegnen wird. Das glorifizierte erste Mal ist nur ein Augenblick, der so vergänglich ist wie der bewußte Gedanke der Existenz selbst. Lange habe ich auf diesen Moment gewartet, sicher ihn zu erleben und doch die passende Stimmung abwartend. Also besser: Lange hat dieser Moment auf mich gewartet.

Um diesem ersten Mal meine Bedeutung beizumessen, widme ich den ersten Eintrag in die kahle weisse Webloglandschaft dem Moment selbst.

Trau Dich!

Du stehst draußen,

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