Montag, 14. März 2005

Möge die Macht mit Dir sein!

Vergangenen Samstag fanden in Hannover die offiziellen deutschen Meisterschaften des Star Wars Customizable Card Game statt. In den Jahren nach 1996 noch voll im Trend und von Tausenden Jugendlichen in jeder Region Deutschlands eifrig gesammelt und gespielt ist es in den letzten Jahren – seit die Produktion eingestellt wurde – ruhig um die Trading Cards aus dem Star Wars Universum geworden.

Einige Unverdrossene jedoch sammeln, tauschen und spielen immer noch. Über das Internet hält die geschrumpfte Community untereinander Kontakt und das Player's Committee kümmert sich um die Belange der Spieler aus aller Welt, sorgt für eine Weiterentwicklung des Spiels und richtet die nationalen und internationalen Meisterschaften aus.
Dabei wird nach einem Ligasystem gespielt welches den alten Regeln der Fußball-Bundesliga gleicht: Für einen Full Win (der Gegner hat all seine Karten verloren) werden dem Sieger zwei Punkte gut geschrieben, wenn er nach Ablauf der Spielzeit nur über mehr Karten als sein Kontrahent verfügt, erhält er einen Punkt. Der Verlierer geht in jedem Fall leer aus.
Bei nationalen Wettkämpfen wird nach insgesamt sechs Partien – jeder Spieler tritt je drei mal in der Rolle des Imperiums oder der Allianz an – der Tabellenführer zum Sieger gekürt.

swccg_dt_meisterAm Samstag fand sich die Elite der deutschen Star Wars Spieler gegen 10:00 Uhr am Wettkampfort ein und wurde von Chris Menzel, dem „Flight Leader“ für Deutschland, Österreich und die Schweiz begrüßt.
Nach über acht Stunden hitziger Gefechte, hinterlistiger Taktiken, Siegen und Niederlagen hatte sich Florian Siepel aus Neustadt mit zwölf Punkten klar als neuer deutscher Meister durchgesetzt. Während des ganzen Turniers gab er sich keine Blöße und hinterließ stets verblüffte Gegner.
Zweiter wurde Vorjahressieger Dirk Friedrichs aus Hannover, welcher sich mit sieben Punkten knapp gegen Philipp Otter aus Karlsruhe durchsetzen konnte der mit sechs Punkten die Bronzemedaille einheimste.

Bild: F-punkt-M

Madame Lan

Versprochen ist versprochen. Fast auf den Tag genau ein Jahr, nachdem ich Madame Lans Gast war, mache ich endlich mein Versprechen wahr und erzähle ihre Geschichte:

Die Heimatstadt von Madame Lan, Nha Trang, liegt in der Südhälfte Vietnams. Als Tochter des von den französischen Kolonialherren eingesetzten Polizeichefs wuchs sie sorglos auf und ging auf die französische Schule der Stadt. Als es den Viet Minh unter General Vo Nguyen Giap nach jahrelangem Guerilla-Kampf am 7. Mai 1954 jedoch gelingt, die Franzosen in der Schlacht von Dien Bien Phu zu besiegen, endet mit der französischen Kolonialherrschaft auch das sorglose Leben Lans. Der Vater wird bald seines Postens enthoben. Wenig später sind Vater und Mutter verschwunden. Lan wird von ihrer Tante aufgenommen, die zu geizig ist, um ihre Nichte in die Schule zu schicken. Ihre eigenen Kinder gehen jedoch zur Schule. Wie ein Aschenputtel lebte das junge Mädchen Lan von jetzt an. Die gesamte Arbeit im Haushalt wurde ihr übertragen und sobald die erledigt war, ging sie putzen um sich ihr Kostgeld für die Tante zu verdienen. In den wenigen freien Stunden, die sie hatte, schlich sie sich zum Schulgebäude, versteckte sich unter dem offenen Fenster und lauschte dem Unterricht, denn ihr Traum war es Lehrerin zu werden. Mit sechzehn ging sie zur Müllabfuhr. Die Arbeit war härter und schmutziger, aber besser bezahlt. Lan wollte schließlich zur Schule gehen. Und das kostete Geld. Tagsüber ging sie zur Schule, abends arbeite sie als Straßenfegerin und nachts - auf der Strasse im Schein der Straßenlaternen - machte sie ihre Schulaufgaben und lernte für die Prüfungen. Trotz der widrigen Umstände schloss sie die Schule erfolgreich ab und wurde Lehrerin für Französisch und einigen anderen Fächern, die mir aber leider entfallen sind. Sie ging in ihrem Beruf auf. Irgendwann fand sie die Liebe und heiratete einen Kapitän der Handelsmarine.

Dann kam der Vietnamkrieg. Lan blieb allein in Nha Trang, ihr Mann wurde Kapitän auf einem südvietnamesischen Kriegsschiff.

Als dann Saigon, die Hauptstadt Südvietnams, am 30. April 1975 von den Truppen des Nordens eingenommen wurde und die letzten Angehörigen des US-Marine-Corps vom Dach der US-Botschaft ausgeflogen wurden, begann das eigentliche Martyrium der kleinen Familie. Madame Lan war inzwischen Mutter eines kleinen Sohnes, aber ihr Mann verschwand, als Offizier der besiegten südvietnamesischen Streitkräfte, für die nächsten zehn Jahre in den Kerkern der neuen kommunistischen Herrscher.
Lan erhielt als seine Frau Berufsverbot. Nachdem ihr Mann aus der Gefangenschaft entlassen wurde, zog die Familie nach Saigon, das jetzt Ho-Chi-Minh-Stadt heißt. Die Quälereien im Gefängnis hatten Lans Ehemann stark verändert. "Er war nicht mehr wieder zu erkennen", sagte sie mir.

Um den Repressalien in Vietnam zu entgehen, bemühten sie sich um die Ausreise in die USA. Sie waren ihn Vietnam ohnehin nicht erwünscht. Nachdem endlich die nötigen Papiere zusammengetragen waren, erhielt die Familie eine Vorladung zu einem "Gespräch" in der für die Ausreise zuständigen Behörde. Mit dem Fahrrad machten sie sich auf den Weg zum besagten Amtsgebäude, um auch diese letzte Hürde zu überwinden. Unterwegs gab es einen "Unfall". Ein Auto des Geheimdienstes kam aus dem Nichts angeschossen und überfuhr den Vater.

Der Traum von Amerika war gestorben. Lan erwartete ihr zweites Kind.

Die folgenden Jahre verbrachte Lan damit, ihren mit schweren Kopfverletzungen dahinsiechenden Ehemann zu pflegen. Als er nach Jahren wieder halbwegs hergestellt war, ging er fort. Er wäre der Familie eine zu große Belastung gewesen. Seitdem arbeitet er in den Bergen in einem Steinbruch. Er war Kapitän gewesen, hatte die Welt gesehen und eine Familie gehabt. Heute ist er ein Krüppel mit gebrochener Seele und hackt mit Hammer und Meißel unter der Glutsonne Vietnams Tag für Tag Granitquader aus dem Berg.

Madame Lan lebt mit ihrer Tochter wieder in Nha Trang. Das Berufsverbot ist nie aufgehoben worden, und somit hat sie kein Einkommen. In ihrer kleinen Einraumwohnung hat sie eine Tafel über dem Esstisch aufgehängt und gibt Ausländern Unterricht in Vietnamesisch, um sich über Wasser zu halten. Ihre Tochter geht zur Schule und möchte in Frankreich studieren. Der Sohn ist studierter Jurist (wo er das studiert hat kann ich leider nicht mehr sagen), hat aber in Vietnam ebenfalls Berufsverbot.

Während sie mir ihre traurige Geschichte erzählte, verschwand trotzdem nie das Lächeln von Madame Lans Gesicht. "Man muss nunmal weiterleben. Was sollen wir sonst machen?"

- Der Matze -

Trau Dich!

Du stehst draußen,

Aktuelle Beiträge

Buh, mich mit sowas zu...
Buh, mich mit sowas zu bewerfen, wo ich doch gar keine...
Turin - 10. Sep, 10:02
Das Marken-Stöckchen
Hier war ja schon lange nix mehr los. Aber statt geheuchelten...
F-punkt-M - 8. Sep, 21:56
Vor allem: Buche einen...
... wo das Flugzeug auch mit einem Internetzugang für...
tande dani - 30. Jul, 17:47
Religiöse Floskeln; Konjunktiv,...
Religiöse Floskeln; Konjunktiv, wohin man blickt: bitten,...
F-punkt-M - 27. Jul, 16:45
Punkt 5 lautet im Original...
Punkt 5 lautet im Original "Schliesse deine Augen und...
Turin - 25. Jul, 11:00

Archiv

März 2005
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 3 
 5 
 7 
10
11
12
17
20
21
23
26
29
30
 
 
 
 

Suche

 

Status

Online seit 7251 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 10. Sep, 10:02

Abstellkammer
Chile y Argentina
Echtzeit
Fotoalbum
Hoerbar
Inside Cambodia
Kiwifahrt
Kuechenzeilen
Kulturraum
Land Down Under
Prosa
Reisebuero
Reisplattform
Schaufenster
Terrarium
Wissenswert
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren