Ein Inquisitor auf dem Stuhl Petri
Papst Benedikt XVI., bis zum vergangenen Dienstag bekannt als Joseph Kardinal Ratzinger stand vom 25. November 1981 an der Kongregation für die Glaubenslehre vor. Werden die Wurzeln dieser Organisation betrachtet, so hatte Joseph Ratzinger beinahe 24 Jahre die Position des Großinquisitors inne.
Als Glaubenskongregation existiert die innerkirchliche Organisation seit 1965. Von 1908 bis zu diesem Zeitpunkt hieß sie Heilige Kongregation des Heiligen Offizium. Gegründet wurde sie jedoch im 16. Jahrhundert als Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition.
Entgegen der landläufigen Meinung hatte die kirchliche Inquisition als Organisation nur noch wenig mit der brutalen Ketzer- und Hexenverfolgung, dem grausamen Verhör unter Folter und der blinden Verbrennung von vermeintlich Schuldigen zu tun. Dies wurde in früheren Jahrhunderten betrieben, meist aus weltlichen Motiven oder zumindest der Verquickung von weltlichen und kirchlichen Interessen heraus.
Symbolbild, Quelle: Stock.Xchng, thanks to algiamil
Die Inquisitionsprozesse waren – nach mittelalterlichem Recht – faire Verhandlungen. Obgleich auch von der Kongregation Strafen verhängt wurden, hatten diese doch meist den Charakter einer Buße – Kirchenbesuche oder Pilgerfahrten. In einigen Fällen wurde allerdings auch hier lebenslange Haft oder die Todesstrafe verhängt.
Die Kongregation hat ihre Bestimmung darin, die Kirche vor Irrlehren zu schützen. Sie hat „die Aufgabe, die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und schützen“ und die Richtung der Glaubenslehre im Allgemeinen zu bestimmen.
Wurde dies im Mittelalter durchaus noch mit Gewalt durchgesetzt, wird diese Aufgabe in der Neuzeit in Besprechungszimmern und Büros bewältigt, „damit auf die durch den Fortschritt in Wissenschaft und Forschung entstandenen Probleme eine angemessene Antwort im Licht des Glaubens gegeben werden kann“.
Oft geschieht dies durch Abschottung der Lehre gegen äußere Einflüsse. Unzeitgemäße Dogmen, Erstarren in überlieferten Ritualen und Kirchenflucht sind die Folge.
Was bedeutet sein früheres Amt nun für das Wirken Benedikt XVI. als Papst? Warum wurde er gewählt und was haben wir von ihm zu erwarten?
Der frühere Kardinal Ratzinger gilt – wohl auch weil er Leiter der Glaubenskongregation war – in Deutschland als überaus konservativ. Er ist ein gebildeter Theologe und hat einen Einblick in die katholische Lehre wie wahrscheinlich kein zweiter Mensch – zumal er sie über viele Jahre persönlich bestimmt hat.
Mindestens einmal pro Woche soll er sich mit Papst Johannes Paul II. in einem persönlichen Gespräch beraten haben. In diesen Unterhaltungen wurden die Weichen für die Zukunft der katholischen Kirche bestimmt. Somit hatte Benedikt XVI. auch schon vor seiner Wahl zum Pontifex großen Einfluss auf die gesamte Kirche.
Eben daher ist zu erwarten, dass sich in der Amtszeit des neuen Papstes nicht viel am bisherigen Kurs der Kirche ändern wird. Dies gilt voraussichtlich besonders für umstrittene Themen wie Verhütung, Abtreibung und dergleichen.
Daraus lässt sich auch seine rasche Wahl erklären:
Nach der langen Amtszeit von Johannes Paul II. suchte das Konklave einen Bewahrer, einen Verwalter dieses großen Erbes, bis in einigen Jahren ein „echter Nachfolger“, vielleicht sogar ein Erneuerer gewählt werden kann. Für diese These spricht auch Benedikt XVI. angenommener Gesundheitszustand. Während seiner Zeit als Kardinal bot er dem damaligen Papst mehrmals seinen Rücktritt an – angeblich auch aus gesundheitlichen Gründen. Dieser lehnte jedoch stets ab und beließ Ratzinger im Amt.
Benedikt XVI. jedoch nur als Platzhalter, gewissermaßen als Variable zu sehen, wäre zu kurz gegriffen. Er hat definitiv eigene Vorstellungen vom Weg der katholischen Kirche. Er ist ein intelligenter Mann und auch offen für Neuerungen.
Als bester Beweis dafür ist sein Bemühen anzusehen, die Jahrhunderte lang verschlossenen Archive der heiligen Inquisition zu öffnen.
Nach Meldungen der italienischen „La Repubblica“ hat Kardinal Ratzinger bis kurz vor dem Tod Johannes Paul II. an bedeutenden Dokumenten gearbeitet:
Angeblich sollen wiederverheiratete Katholiken in Zukunft wieder zu den Sakramenten zugelassen werden, sofern die Scheidung „schuldlos“ gewesen sei. Ebenso soll die Haltung der Kirche zur Ökumene gelockert werden und es auch Protestanten erlaubt sein, die Kommunion zu empfangen.
Laut Karl Kardinal Lehmann, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, gebe es sogar Grund zur Hoffnung, dass der Vatikan unter Benedikt XVI. seine Haltung zum Diakonat der Frau überdenken werde.
Als Glaubenskongregation existiert die innerkirchliche Organisation seit 1965. Von 1908 bis zu diesem Zeitpunkt hieß sie Heilige Kongregation des Heiligen Offizium. Gegründet wurde sie jedoch im 16. Jahrhundert als Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition.
Entgegen der landläufigen Meinung hatte die kirchliche Inquisition als Organisation nur noch wenig mit der brutalen Ketzer- und Hexenverfolgung, dem grausamen Verhör unter Folter und der blinden Verbrennung von vermeintlich Schuldigen zu tun. Dies wurde in früheren Jahrhunderten betrieben, meist aus weltlichen Motiven oder zumindest der Verquickung von weltlichen und kirchlichen Interessen heraus.
Symbolbild, Quelle: Stock.Xchng, thanks to algiamil
Die Inquisitionsprozesse waren – nach mittelalterlichem Recht – faire Verhandlungen. Obgleich auch von der Kongregation Strafen verhängt wurden, hatten diese doch meist den Charakter einer Buße – Kirchenbesuche oder Pilgerfahrten. In einigen Fällen wurde allerdings auch hier lebenslange Haft oder die Todesstrafe verhängt.
Die Kongregation hat ihre Bestimmung darin, die Kirche vor Irrlehren zu schützen. Sie hat „die Aufgabe, die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und schützen“ und die Richtung der Glaubenslehre im Allgemeinen zu bestimmen.
Wurde dies im Mittelalter durchaus noch mit Gewalt durchgesetzt, wird diese Aufgabe in der Neuzeit in Besprechungszimmern und Büros bewältigt, „damit auf die durch den Fortschritt in Wissenschaft und Forschung entstandenen Probleme eine angemessene Antwort im Licht des Glaubens gegeben werden kann“.
Oft geschieht dies durch Abschottung der Lehre gegen äußere Einflüsse. Unzeitgemäße Dogmen, Erstarren in überlieferten Ritualen und Kirchenflucht sind die Folge.
Was bedeutet sein früheres Amt nun für das Wirken Benedikt XVI. als Papst? Warum wurde er gewählt und was haben wir von ihm zu erwarten?
Der frühere Kardinal Ratzinger gilt – wohl auch weil er Leiter der Glaubenskongregation war – in Deutschland als überaus konservativ. Er ist ein gebildeter Theologe und hat einen Einblick in die katholische Lehre wie wahrscheinlich kein zweiter Mensch – zumal er sie über viele Jahre persönlich bestimmt hat.
Mindestens einmal pro Woche soll er sich mit Papst Johannes Paul II. in einem persönlichen Gespräch beraten haben. In diesen Unterhaltungen wurden die Weichen für die Zukunft der katholischen Kirche bestimmt. Somit hatte Benedikt XVI. auch schon vor seiner Wahl zum Pontifex großen Einfluss auf die gesamte Kirche.
Eben daher ist zu erwarten, dass sich in der Amtszeit des neuen Papstes nicht viel am bisherigen Kurs der Kirche ändern wird. Dies gilt voraussichtlich besonders für umstrittene Themen wie Verhütung, Abtreibung und dergleichen.
Daraus lässt sich auch seine rasche Wahl erklären:
Nach der langen Amtszeit von Johannes Paul II. suchte das Konklave einen Bewahrer, einen Verwalter dieses großen Erbes, bis in einigen Jahren ein „echter Nachfolger“, vielleicht sogar ein Erneuerer gewählt werden kann. Für diese These spricht auch Benedikt XVI. angenommener Gesundheitszustand. Während seiner Zeit als Kardinal bot er dem damaligen Papst mehrmals seinen Rücktritt an – angeblich auch aus gesundheitlichen Gründen. Dieser lehnte jedoch stets ab und beließ Ratzinger im Amt.
Benedikt XVI. jedoch nur als Platzhalter, gewissermaßen als Variable zu sehen, wäre zu kurz gegriffen. Er hat definitiv eigene Vorstellungen vom Weg der katholischen Kirche. Er ist ein intelligenter Mann und auch offen für Neuerungen.
Als bester Beweis dafür ist sein Bemühen anzusehen, die Jahrhunderte lang verschlossenen Archive der heiligen Inquisition zu öffnen.
Nach Meldungen der italienischen „La Repubblica“ hat Kardinal Ratzinger bis kurz vor dem Tod Johannes Paul II. an bedeutenden Dokumenten gearbeitet:
Angeblich sollen wiederverheiratete Katholiken in Zukunft wieder zu den Sakramenten zugelassen werden, sofern die Scheidung „schuldlos“ gewesen sei. Ebenso soll die Haltung der Kirche zur Ökumene gelockert werden und es auch Protestanten erlaubt sein, die Kommunion zu empfangen.
Laut Karl Kardinal Lehmann, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, gebe es sogar Grund zur Hoffnung, dass der Vatikan unter Benedikt XVI. seine Haltung zum Diakonat der Frau überdenken werde.
F-punkt-M - 22. Apr, 16:02
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