Wissenschaftler der Uni Freiburg forschen an der perfekten Herzklappe
Herzklappenerkrankungen sind nach der Herzkranzgefäßerkrankung die häufigsten Ursachen für herzchirurgische Eingriffe. In der Therapie kann den Patienten häufig nur ein „tierisches Ersatzteil“ – eine sogenannte biologische Herzklappenprothese helfen. Besonders bei älteren Patienten sind diese die erste Wahl der Ärzte. Biologisch sind sie der menschlichen Herzklappe sehr ähnlich und werden vom Körper gut angenommen. Allerdings verkalken die Implantate bei einem Teil der Patienten – besonders stark bei jungen Patienten, sehr viel weniger bei alten - innerhalb der ersten 10 Jahre: Dabei wird in das so genannte Schwammgewebe (Spongiosa), im Zentrum des Klappengewebes Calcium eingelagert. Dieser Prozess schreitet bei manchen Patienten voran, bis die Funktion des Implantates soweit herabgesetzt ist, dass eine Ersatzoperation unumgänglich wird. Der erneute operative Eingriff am offenen Herzen ist natürlich eine hohe Belastung für den Kranken und mit Risiken behaftet.
„Wir haben einen einzigartigen Ansatz, um das Problem der Verkalkung zu lösen“, erklärt Bernd Berchtold vom Institut für Mikrosystemtechnik in Freiburg. Der Chemiker will das Gewebe der Schweineherzklappe mit einer hauchdünnen Kunststoffschicht überziehen. Auf dieser aus Polymeren aufgebauten Membran sollen sich wieder körpereigene lebende Zellen, so genannte Endothelzellen, anlagern können. Damit wären Kalkeinlagerungen in das tierische Gewebe nicht mehr möglich.
Während einer Herzklappenoperation
Besonders jüngere Patienten profitierten dann von der verbesserten Klappe, denn bei Ihnen verkalken die biologischen Herzklappenprothesen besonders schnell und ausgeprägt, so dass sich Schweineherzklappen für diese Patientengruppe in der Regel nicht eignen. Bisher wurden ihnen deshalb meist mechanische Prothesen implantiert, diese Implantate bergen den Nachteil – einer erhöhten Thrombose- und Emboliegefahr.
Seit 1998 arbeiten an diesem Projekt Wissenschaftler um Prof. Dr. Dahm von der Herz-Thorax- und Gefässchirurgie der Uniklinik Mainz mit den Forschern vom Lehrstuhl Chemie und Physik von Grenzflächen des Instituts für Mikrosystemtechnik unter der Leitung von Professor Dr. Rühe zusammen.
Aufgrund großer Fortschritte in den letzten Jahren kommt die Arbeit nun in die entscheidende Phase: Die Anbindung der Polymere an das Gewebe stellt kein Problem mehr dar. Durch Zellkulturtests konnten auch geeignete Polymere gefunden werden. Ob die Zellen auf dem mit Polymer beschichteten Gewebe wachsen, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.
Seit 1966 die erste Bioprothese implantiert wurde, haben Forscher versucht, der Gewebeveränderung Herr zu werden. Doch alle bisherigen Ansätze führten noch nicht zu dem gewünschten Erfolg. Bleibt zu hoffen, dass die Wissenschaftler um Dahm und Rühe den Durchbruch schaffen. Dadurch könnten den betroffenen Patienten wiederholte Herzklappentransplantationen erspart bleiben.
- Ein Beitrag von Stefan Zirn -
science-today - 24. Feb, 11:45